(Selbst-) Führung, Kommunikation

So kommst du deinen Pseudo-Gefühlen auf die Schliche

Ich hatte ja keine Ahnung, und zugleich war ich so erleichtert. Es ist nun ein bisschen her, als ich gelernt habe, dass ich in meinen Gesprächen mit anderen manchmal gar nicht über meine Gefühle, sondern über sogenannte Pseudo-Gefühle sprach. Maximaler Lerneffekt, war ich doch bislang fest davon überzeugt, in meinem Leben und der Kommunikation mit anderen klar und deutlich über meine Gefühle reden zu können. Und gleichzeitig stellte ich immer wieder fest, dass meine Gespräche, vor allem wenn sie anderen vermeintlich ein Bild über mein Innenleben gaben, recht schnell in der Sackgasse landeten. Marshall B. Rosenberg, auf den die Methode der Gewaltfreien Kommunikation zurückgeht, und Erich Fromm prägten den Begriff der Pseudo-Gefühle. Sie gaukeln uns lediglich vor, Gefühle zu sein. Dabei sind Pseudo-Gefühle nichts anderes als Gedanken, in denen sich Beurteilungen, Interpretationen, Einschätzungen oder Analysen verstecken. 

Bewertende Gedanken getarnt im Pseudo-Gefühl

„Ich habe das Gefühl,…“ ist ein Satzbeginn, der vielleicht auch regelmäßig in deinem Sprachgebrauch auftritt. Was folgt bei dir danach? Hast du das Gefühl, nicht gehört, ignoriert, provoziert, oder nicht gesehen zu werden? Fühlst du dich ausgenutzt, enttäuscht, bevormundet oder belogen? Tja, so oder so handelt es sich dabei um Pseudo-Gefühle. So steckt hinter „Ich fühle mich nicht gesehen.“ tatsächlich ein „Ich denke, der andere sieht mich nicht.“ Damit verbirgt sich hinter dem Gefühl jemand anderes, dem wir das vermeintliche Gefühl, das dieser in uns auslöst, in die Schuhe schieben. Wir drücken statt eines Gefühls aus, wie wir denken oder beurteilen, wie sich eine andere Person uns gegenüber verhält. So kommt es dann dazu, dass wir zwar meinen, über unsere Gefühle zu sprechen, beim Gegenüber jedoch ein Vorwurf ankommt. Wenn du dir also künftig zuhörst und dabei Pseudo-Gefühle enttarnst, hinterfrage gerne das Gefühl dahinter: Wie fühlst du dich, wenn du nicht gesehen oder nicht gehört wirst? In deinen Beziehungen zu anderen Menschen klappt das Hinterfragen natürlich auch. Statt auf das Pseudo-Gefühl einzugehen, sei neugierig und frage nach: Wie fühlst du dich, wenn du nicht gesehen oder nicht gehört wirst?

Und was sind dann Gefühle?

Gefühle sind die bewusste Wahrnehmung von Emotionen, die in verschiedenen Ausprägungen
benannt werden können. Sie zeigen sich immer dann, wenn wir fragen, ob und wie eine Situation, eine Vorstellung oder eine Erinnerung eine Person berührt. Wir haben unsere Gefühle immer im Gepäck, wohin wir auch reisen. Sie begleiten uns in jedem Augenblick unseres Lebens. Sie entstehen dann, wenn wir das, was wir wahrnehmen, bewerten. Also dann, wenn wir unsere Wahrnehmung bewusst oder unbewusst mit Gedanken versehen. Sie können sich von jetzt auf gleich verändern: War ich soeben noch genervt, kann mich eine neue Situation schon wenige Minuten später zum Lachen bringen, sodass ich mich leicht und heiter fühle. All unsere Gefühle haben eine Berechtigung, denn sie weisen uns auf unsere Bedürfnisse hin. Wir teilen Gefühle deshalb in angenehme und unangenehme Gefühle, nicht in gute und schlechte Gefühle ein. Angenehme Gefühle weisen auf erfüllte Bedürfnisse und unangenehme Gefühle auf einen Mangel hin. 

Gefühle lassen sich in Emojis verpacken

Auch wenn du vielleicht wenig von Emojis hältst, so sind sie doch ein gutes Werkzeug, unseren Gefühlen auf die Schliche zu kommen. Denn solange du ein Emoji zur Beschreibung deines Gefühls einsetzen kannst, bist du auf der Gefühlsebene unterwegs. Klar, für Zurückweisung, Ignoranz oder Ablehnung gibt es kein Emoji. Hier mal ein kleiner Auszug: 

Du kennst sicher noch viel mehr Emojis. Ich lade dich zudem ein, deine Gefühle in Sätzen mit „Ich bin…“ beginnend zu benennen. Das lässt sich wunderbar üben, wenn du gefragt wirst, wie es dir geht. Oft geht uns auf diese Frage ein schnelles „Gut, danke.“ über die Lippen statt uns zu fragen, wie es uns wirklich geht oder besser noch: wie wir uns fühlen. Ein Grund mehr, uns und unsere Mitmenschen öfters die Frage zu stellen: „Wie fühlst du dich?“

Wenn du Unterstützung brauchst, Gedanken von Gefühlen (und umgekehrt) zu unterscheiden, um künftig gelassen, leicht und staunend durch die Welt zu gehen, melde dich gern bei mir. 

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(Selbst-) Führung, Kommunikation

In 4 Schritten gewaltfrei kommunizieren

Es ist inzwischen eine ganze Weile her, als ich das erste Mal von Gewaltfreier Kommunikation gehört habe. Ich erinnere mich, dass ich zunächst irritiert über das Wording war. Gewalt ist ein großes Wort. Aggressiv. Dunkel. Frei von Zuneigung. Als ich im Laufe der Zeit damit vertraut wurde, welche Auswirkungen Sprache haben kann, wenn sie unbewusst wie bewusst manipulativ eingesetzt wird, bekam der Begriff der Gewaltfreien Kommunikation eine tiefere Bedeutung. Gewalt wirkt tatsächlich nicht allein körperlich, sondern auch über Sprache. Es sind die vermeintlich kleinen Spitzen, Sticheleien, Pöbeleien. Passiv-aggressive Kommentare, die heute vor allem in den sozialen Medien zu finden sind. Forderungen, Vorwürfe, Beleidigungen. Eine Sprache, mit der wir unsere Mitmenschen verletzen können, was auf Dauer unseren Beziehungen schadet. Und auch schon mal zu einem Kontaktabbruch führen kann.

Doch es geht auch anders. Achtsam und eben gewaltfrei. Die Gewaltfreie Kommunikation (GfK) ist eine Kommunikationsmethode, die zurückgeht auf Marshall B. Rosenberg. Sie ist auf Bedürfnisse und Gefühle ausgerichtet, denn genau diese stecken hinter Verhaltensweisen und Konflikten im menschlichen Miteinander. So schaffen wir es, wertschätzende Beziehungen zu anderen aufzubauen und zu pflegen, sei es beruflich oder privat. Auch Konflikten können wir damit anders gegenübertreten. Gewaltfreie Kommunikation unterstützt uns hier dabei, Konflikte nachhaltiger zu klären. Dabei hilft sie uns, unsere eigenen Gefühle und Verhaltensweisen wie auch die unseres Gegenübers besser zu verstehen. Wir erkennen somit viel besser die Grundbedürfnisse, die hinter unserem Handeln stecken.

Von Giraffen und Wölfen: Gewaltfreie Kommunikation unter Kindern

Es war das dritte Schuljahr, als meine Tochter plötzlich Giraffen mit zum Abendessen brachte. In unseren Schulen werden die Kinder mit der Giraffen- und der Wolfssprache vertraut gemacht. Dies erfuhr ich also eines Tages am Abendbrottisch. Giraffensprache lässt sich auf Gewaltfreie Kommunikation zurückführen; hier wird der Blick zunächst auf Fakten gelenkt. Anschließend werden Bedürfnisse wie auch Gefühle ausgesprochen. Die Wolfssprache dagegen wird als Alltagssprache bezeichnet. Eine Sprache, in der wir unbewusst im Austausch mit unserem Gegenüber sind und bei der es passieren kann, dass wir andere schnell verurteilen, manchmal auch vorverurteilen. Je älter unsere Kinder werden, wird vom Verwenden von Ich- statt Du-Botschaften gesprochen. Doch damit allein ist es nicht getan: Es macht kaum einen Unterschied, ob ich nun „Du hörst mir nicht zu!“ oder „Ich fühle mich fürchterlich, weil du mir nie zuhörst!“ verbal in den Raum werfe. Wenn wir jedoch erkennen, was unsere Bedürfnisse sind, schaffen wir im Vermitteln dieser eine Ebene in unseren Gesprächen, die zu Verständnis und Mitgefühl uns selbst und dem anderen gegenüber verhilft. Eine Möglichkeit mehr, den anderen so zu nehmen, wie er ist. Das schafft Raum dafür, Lösungen zu finden.

So funktioniert Gewaltfreie Kommunikation

Es sind vier Schritte, die dich auf deinem Weg zu einer Gewaltfreien Kommunikation voranbringen:

  1. Beobachtung
    Dein Fokus liegt zunächst rein auf der Beobachtung der Handlung (Was ist konkret passiert?), wobei auf jegliche Bewertungen und Interpretationen verzichtet wird.
  2. Gefühle
    Anschließend hinterfragst du, welche Gefühle mit der Handlung ausgelöst wurden.
  3. Bedürfnisse
    Hinter Bedürfnissen stecken Wünsche oder auch allgemeine Werte, die wir gerne erfüllt hätten. Sie können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden bzw. unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Hier geht es also darum zu erkennen, welche deiner Bedürfnisse in der Situation erfüllt oder nicht erfüllt wurden.
  4. Bitte: Den Schluss bildet das Formulieren einer Bitte nach einer bestimmten Handlung an dein Gegenüber, um dein bisher unerfülltes Bedürfnis zu erfüllen.

Rosenberg bringt es in seiner Zusammenfassung wie folgt auf den Punkt:

Wenn ich sehe, dass du A tust, fühle ich B, weil ich das Bedürfnis nach C habe. Deshalb bitte ich dich, D zu tun. Wie wäre dies für dich?

Wenn Paul beispielsweise im Joballtag in nahezu allen Gesprächen immer wieder durch Eva unterbrochen wird, sodass er selten in der Lage ist, seinen Standpunkt zu vertreten, kann er dies im Gespräch wie folgt abbilden: „Wenn du mich in unseren Gesprächen unterbrichst, bevor ich meine Meinung zu Ende dargelegt habe, ärgert mich das und ich spüre Frust, denn ich möchte, dass mein Standpunkt vollständig gehört und bei nachfolgenden Entscheidungen berücksichtigt wird. Sagst du mir bitte, was du von mir brauchst, damit wir künftig beide hinreichend zu Wort kommen?“

Zugegeben, das klingt nach einem kurzen Austausch. Gewaltfreie Kommunikation ist eine Einladung zu einem Dialog. Quasi ein Senden und Empfangen. Und das darf auch länger dauern. Gerade, wenn man sich die Methode zu eigen macht, kann es jedoch anfänglich zu einem Ringen um Worte und Formulierungen führen. Auch Beobachtungen von Interpretationen zu trennen, will geübt sein. Als Coach unterstütze ich dabei, indem ich gezielt nachfrage sowie eine Auswahl an verschiedenen Gefühlen und Bedürfnissen anbiete. Wie gut, dass Marshall B. Rosenberg zudem Bedürfnisse benennt: körperliches Wohlbefinden, Sicherheit, Empathie, Zugehörigkeit/Geborgenheit, Spiel/Erholung, Autonomie/Willensfreiheit, Sinnhaftigkeit, Kreativität, Liebe. 

Mit Gewaltfreier Kommunikation Verbindung und Mitgefühl schaffen

Wir wünschen uns alle im menschlichen Miteinander Verbindung und Mitgefühl. Dafür trägt jede*r die Bereitschaft zu Kompromissen in sich, sich auf die Bedürfnisse anderer einzustellen und diese zu erfüllen. Du-Botschaften allein bringen uns nicht weiter. Wenn wir uns jedoch kommunikativ öffnen und uns gegenseitig unsere Bedürfnisse und Wünsche mitteilen, bietet sich uns eine Chance, unsere Beziehungen respektvoll auf Augenhöhe zu führen. In Frieden. Ich spreche daher auch gerne von Friedvoller Kommunikation, zeigt das doch auch, was ich mit meiner Kommunikation erreichen möchte. Ein gutes Beispiel für die Hin-zu-Motivation.

Durch Gewaltfreie Kommunikation gelingt es dir, Verantwortung für deine Bedürfnisse zu übernehmen und zu reflektieren, was du brauchst, damit es dir gut geht. Die Bedürfnisse deines Gegenübers bleiben genau dort, beim Gegenüber. Rosenberg ist der festen Überzeugung, dass aggressives Verhalten wie Vorwürfe, Beleidigungen etc. stets Aufschluss über ein unerfülltes Bedürfnis gibt. Gut, sich immer wieder vor Augen zu halten, dass aggressives Verhalten von anderen nichts mit dir zu tun hat. Mit den zuvor genannten vier Schritten kommst du deinen Bedürfnissen auf die Schliche. Und du kannst beim Zuhören gleichzeitig deine Mitmenschen unterstützen, indem du ihnen durch Nachfragen dabei hilfst, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen. Ich wünsche mir, dass wir alle lernen, mehr und mehr auf unsere Bedürfnisse zu hören, Verantwortung für uns selbst übernehmen sowie uns in Zuneigung und Mitgefühl begegnen.

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Persönlichkeit

Empathie? Was ist das?

Empathie ist in aller Munde. Viele Unternehmen setzen auf sie bei der Auswahl neuer Mitarbeiter:innen. Singles wünschen sich sich eine:n empathische:n Partner:in. Es gibt heute unzählige Zeitschriften, Bücher und Podcasts, in denen für Empathie ihren Platz findet. Empathie, so heißt es, macht erfolgreich. Empathie macht glücklich. Empathie – das muss man einfach haben. So viel ist sicher, Empathie ist machtvoll, vor allem in der Kommunikation mit anderen. Das fällt auch gerade in diesen unsicheren Zeiten auf. Zeiten, in denen ein Virus uns durch Distanz emotionale Bindungen erschwert. Der starken Wirkung von Empathie können wir jedoch auch selbst begegnen, in der Art und Weise, wie wir mit uns selbst sprechen. Wenn es nicht möglich ist, mir selbst hinreichend empathisch zu begegnen, wie soll mir das anderen gegenüber gelingen? Aber was steckt konkret dahinter?

Was ist Empathie überhaupt?

Macht man sich auf die Suche nach einer eindeutigen Begriffsdefinition, führt zumindest das Internet die verschiedensten Fachausdrücke zur Empathie auf. Einfühlungsvermögen, Mitgefühl, Verständnis, Sensibilität sind Begrifflichkeiten, die am häufigsten in Verbindung mit Empathie auftauchen. Ich habe privat wie beruflich häufig Gespräche erlebt, bei denen Menschen auf Emotionalität wie folgt reagieren: „Oh, du Arme:r!“, „Du, das tut mir Leid!“ oder auch „I feel you!“. Anschließend wird meist das Thema gewechselt, manchmal aus Hilflosigkeit, manchmal zur vermeintlich notwendigen Ablenkung von der Situation. Dieselben Menschen bezeichnen sich als empathisch. Empathisches Verhalten geht jedoch viel tiefer. Empathie ist dann im Spiel, wenn du in der Lage bist, die Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale von anderen Menschen (leicht) erkennen, verstehen und nachempfinden kannst. Du kannst damit das Verhalten von anderen besser reflektieren und auch besser einschätzen, was dein eigenes Verhalten beim Gegenüber bewirkt. Menschen mit einem hohen Maß an Empathie sind in der Lage, andere Menschen anhand deren Körpersprache (Gestik, Mimik, Körperhaltung, Tonfall) zu lesen. Damit gelingt es ihnen, in deren Gefühls- und Gedankenwelt einzutauchen. Und klar, damit fällt es auch leichter, Mitgefühl zu zeigen, selbst wenn eine Person sich unlogisch oder unnormal in einer Situation verhält. 

Empathie mal drei: Überblick über die verschiedenen Typen

Man unterscheidet zwischen emotionaler, kognitiver und sozialer Empathie. Vielleicht kennst du das? Du erzählst deiner Freundin von deiner erhaltenen Kündigung deines Jobs, und deine Stimmung überträgt sich auf deine Freundin, d. h. sie wird traurig wie du. Deine Gefühle, dein Schmerz, dein Leid reißen deine Freundin fast mit und am Ende laufen vielleicht sogar euch beiden die Tränen übers Gesicht. Deine Freundin möchte unbedingt helfen und sucht bereits am selben Abend nach Stellenausschreibungen, die dir gefallen könnten. Hierbei spricht man von emotionaler Empathie. Handelt es sich bei dir um die mitfühlende Freundin, gilt es aufzupassen. Viel zu schnell kann es passieren, dass du deine eigenen Bedürfnisse aus den Augen verlierst. Du verlierst dich dann in den Emotionen anderer und ziehst dich selbst in einen Strudel negativer Gefühle und Gedanken. Mitgefühl also unbedingt, jedoch sollte das Leid anderer nicht dein Leben beeinflussen. Bei der kognitiven Empathie geht es weniger um das Fühlen, sondern mehr um das Hineinversetzen in andere. Hier liegt der Fokus also auf den Absichten und Gedanken des Gegenübers, weniger um dessen Gefühle. Hier wirkt also die Ebene des Verstandes, was es dir ermöglicht, aus dem Verhalten abzuleiten, wie sich eine Person in Zukunft verhalten wird. So wirst du zu einem Beobachter des anderen. Die soziale Empathie schließlich lässt zu, sich auf die unterschiedlichsten Menschen einzustellen, unabhängig von deren Herkunft, Kultur, Alter oder auch Ansichten. Das zeigt sich zum Beispiel im unterschiedlichen Umgang mit Kindern und Erwachsenen. 

Kognitive Empathie lässt sich erlernen

Möchtest du dich weiterentwickeln, so setze auf das Lernen von kognitiver Empathie, denn diese kannst du in all deinen Lebensbereichen anwenden. Du verstehst andere Ansichten, wie die deiner Freund:innen, Kolleg:innen, Vorgesetzte und Kund:innen, besser, was wiederum für gesunde Beziehungen sorgt. Auch dein:e Partner:in ist mit allen Sorgen und Problemen besser zu verstehen, sodass zielgerichtete Unterstützung und ein gutes Miteinander in der Beziehung möglich werden und ihr dem Glück gemeinsam ein Stück näherkommt. Und hier hört das Lernen auch nie auf, denn das Leben bewegt sich dynamisch, sodass es immer wieder neue Herausforderungen zu bewältigen gibt. Nachfolgend meine Tipps für dich:

  • Übe dich in Selbstreflexion: Schau‘ zunächst auf dich und dein eigenes Verhalten. Was sind deine Absichten, deine Motive? Warum reagierst du, wie du reagierst? Wurde ein Bedürfnis nicht erfüllt? Wie reagierst du in Konflikten? Was ist dein Anteil an der Situation? Hast du alles richtig gemacht? Was hättest du besser machen können? Und dann versuche, dein Selbstverständnis künftig auch anderen zu geben. 
  • Übe dich im Verstehen: Lerne möglichst unvoreingenommen Menschen (neu) kennen. Zeichne kein Bild des Gegenübers, ohne es zu verstehen. Was du (noch) nicht verstanden hast, erfrage: Was stört konkret? Welche Gefühle sind im Spiel?
  • Übe dich im aktiven Zuhören: Denke nicht nur mit, wenn dir andere etwas erzählen. Viel zu schnell schwenken wir auf uns selbst und unsere Erfahrungen um. Bleib‘ beim Gegenüber und stelle Rückfragen. Wiederhole alles Wichtige mit eigenen Worten. 
  • Übe dich im Beobachten: Im Beobachten anderer liegt der Schlüssel zu deren Gewohnheiten, typischen Reaktionen und Mustern. Erkenne Leidenschaft für Themen, schau‘ auf Gefühle und Körperreaktionen. Im Beobachten liegt eine Menge Kraft.
  • Übe dich in Anteilnahme: Zeige ein ehrliches Interesse für dein Gegenüber. Bei Hobbies und Interessen hake nach und höre auch hier gut zu. 
  • Übe dich in Geduld: Gib deinem Gegenüber Zeit, sich zu öffnen. Nicht jeder Mensch lässt sich schnell hinter die Fassade blicken. Dafür braucht es Zeit und Vertrauen. Über dem anderen geschenkte Zeit erhältst du Vertrauen und schließlich Offenheit. 

Und zum Schluss…

Ein bisschen mehr Empathie täte unserer Welt, unserer Gesellschaft ganz gut. Sie bringt uns auf unserem Weg weiter und erlaubt eine aufgeschlossene und verschiedenartige Form des Zusammenlebens unterschiedlichster Menschen. Ein gesundes Maß an Empathie und Selbstreflexion kann uns helfen, uns und unser Umfeld besser nachzuvollziehen und die Menschen zu akzeptieren, die anderer Meinung sind als wir. Und gesund bleibt Empathie, indem wir zwar unser Verhalten an unsere Beobachtungen anpassen, ohne unsere Mitmenschen zu manipulieren. Und natürlich auch indem wir uns nicht zu sehr von den negativen Emotionen anderer mitreißen lassen. Wie immer lautet das Motto: Bleib gelassen und im Moment. 

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Allgemein

Eigenlob stinkt? Nee…

Vor einigen Monaten habe ich damit begonnen, mir selbst jeden Tag schriftlich ein Kompliment zu geben. Das war anfangs gar nicht so einfach. Es gab immer wieder diese eine Stimme in meinem Kopf, die mit ihren vermeintlich schlauen Sprüchen versuchte, mich vom Aufschreiben abzuhalten. „Das bringt doch nichts.“, „Eigenlob stinkt!“, „Pfui, bist du arrogant!“ Die Stimme war jedoch recht schnell verstummt, weil ich ihr keine Taten folgen ließ. Ich machte also damit weiter, mich regelmäßig selbst zu loben. Inzwischen kommen die Komplimente auch unausgesprochen bzw. unaufgeschrieben in meine Gedanken. Ich finde das großartig, weil diese Komplimente an mich selbst meinem Selbstvertrauen einen ordentlichen Schub nach vorne verpassen. Gerade in Zeiten, wo es gerade mal etwas schwerer und grauer ist. 

Eigenlob nimmt Selbstkritik die Luft

Wenn du dir hin und wieder selbst zuhörst, wirst du vielleicht feststellen, dass selbstkritische Gedanken ziemlich oft deinen Tag begleiten. Wenn dir zum Beispiel beim Ausräumen des Geschirrspülers versehentlich ein Glas zu Boden fällt und zerbricht,  heißt es innerlich schnell „War ja klar, dass dir das passiert, Tolpatsch!“. Oder wenn du gerade vom Einkauf nach Hause kommst und feststellst, dass du eine Zutat für das neue Rezept fürs Abendessen vergessen hast, wird schon mal schnell gerufen: „Mann, bist du blöd! Jetzt musst du nochmal loslaufen!“. Wenn du magst, achte bei Gelegenheit darauf. Vielleicht erschrickst du genauso wie ich. Und mal ehrlich, ich würde so nicht mit meiner besten Freundin oder meinem Partner sprechen! Warum also tue ich mir das selbst an? Oftmals halten wir das, was uns gelingt, für so selbstverständlich und überhaupt keines Lobes wert. Nicht zu sprechen über die Erwartungen an uns selbst, dermaßen hoch, sodass wir uns erst mit Perfektion loben möchten. Nicht zuletzt schauen wir lieber auf das, was wir nicht gut machen. 

Wozu brauche ich andere, wenn ich mich selbst loben kann?

Und weißt du, was ich am tollsten am Selbstlob finde? Ich hechele dadurch weniger der Anerkennung durch andere hinterher. Klar, soziale Anerkennung ist eines unserer Grundbedürfnisse. Und natürlich freue ich mich auch weiterhin, mal ein dickes Lob zu erhalten („Hallo, Chef!“), jedoch mache ich mich nicht länger davon abhängig und stelle bei Ausbleiben meinen Wert in Frage. Heute weiß ich mehr denn je, dass alles in mir anfängt. Mit ein paar mehr Komplimenten an mich durch mich selbst fühle ich mich voller Energie, Tatkraft und  Zuversicht.  

Und wie drücke ich Eigenlob aus?

Im Grunde ist die Sache mit den Komplimenten an sich selbst nicht schwer: Nimm‘ dir einen Moment Zeit für dich, wenn dir etwas gelungen ist und sprich‘ dir im Stillen ein Lob aus. Dir bewusst zu machen, dass du etwas Gutes getan hast, ist dabei vielleicht der schwierigere Teil. Mit ein bisschen Übung ist das schnell erlernbar. Ich habe das auch geschafft (… und mich schon dafür gelobt).

An anderer Stelle habe ich mal davon gehört, jeden Tag zehn Erbsen zum Beispiel in die rechte Hosentasche zu stecken. Wann immer man etwas Gutes getan hat, wandert eine Erbse in die andere, hier die linke Hosentasche. Vielleicht magst du das mal ausprobieren? Ich habe jedenfalls nicht schlecht gestaunt, als ich irgendwann zum ersten Mal schon am frühen Nachmittag keine Erbsen mehr an gewohnter Stelle vorfand. Und nein, die Hosentasche hatte kein Loch… Natürlich gelingt mir nicht jeden Tag zehn Mal etwas Gutes, aber ich freue mich auch über vier Mal Lob an mich selbst. Ein Kompliment schenke ich mir übrigens schon, wenn ich etwas tue, das ich sei ein paar Tagen aufgeschoben habe. Eine Erbse steht da ganz sicher und ganz oft für die frisch gewaschene Wäsche, die in den Schrank sortiert werden muss. Du kannst dir auch kleine, erreichbare Ziele setzen (das neue Jahr mit neuen Vorsätzen ist ja nicht weit…), wie zum Beispiel:

  • Heute mache ich für 10 Minuten einen Spaziergang.
  • Ich lese heute eine Seite in einem Buch. 
  • Ich lege heute mein Handy um 21 Uhr im Flugmodus zur Seite. 
  • Heute spiele ich eine Runde „Mensch, ärgere dich nicht“ mit meinem Kind.
  • Ich mache heute drei 5-Minuten-Pausen über den Tag verteilt und schaue dabei aus dem Fenster. 
  • Heute nutze ich die Treppe statt den Fahrstuhl. 

Zack, schon haben sich sechs Erbsen gut in deinen Hosentaschen verteilt. 

Übrigens, hilfreich ist auch, wenn du dir am Ende des Tages drei Dinge notierst, die dir über den Tag gut gelungen sind. Daraus kann ein schönes Ritual werden, um den Tag positiv zu beenden.

So lobe ich mich selbst

Nun, dein Lob an dich selbst kann beispielsweise so aussehen:

  • „Toll, dass du dich um… gekümmert hast!“
  • „Hey, das… ist dir richtig gut gelungen!“
  • „Das… hast du gut gemacht!“
  • „Schön, wie du heute… unterstützt hast!“
  • „Prima, wie du das… heute durchgehalten hast!“

Ich wiederhole es gerne: Anfangs fühlt sich das Ganze schräg an. Jedoch sind das lediglich Gefühle, die (selbstkritischen) Gedanken folgen. Es wird mit der Zeit einfacher, daher lohnt es sich, dran zu bleiben.

Und wofür lobst du dich heute?

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Allgemein

Zeit heilt alle Wunden?

Ein bestimmter Satz ist zeit meines Lebens immer an meiner Seite, und zwar „Die Zeit heilt alle Wunden.“ Er stammt von dem Philosophen Voltaire, welcher im 18. Jahrhundert als Autor maßgeblich die französische und europäische Aufklärung mitgestaltete. Meine Suche nach Bildern von ihm im Internet offenbart zudem ein überwiegend lächelndes Gesicht. Zeugt dies von über die Zeit verheilten Wunden?

Ich persönlich fand das Zitat, wann immer ich es von Anderen zu einem meiner schwierigeren Momente im Leben hörte, fürchterlich! Klar, meist verlangte es mich in diesen emotional aufgeladenen Momenten eher nach Liebe, Trost und schnelle Heilung, weniger nach gut gemeinten Worten für einen langen Atem. In einigen Situationen begann ich jedoch irgendwann, mir diesen Satz selbst zu sagen. Denn, so weiß ich inzwischen, an ihm ist etwas dran. Jede Krise hatte schließlich einen Anfang und ein Ende. Beides hin und wieder schleichend. Immer zeitlich begrenzt. Und damit nicht genug, so war jede Krise von unterschiedlicher Dauer. Wäre ja auch langweilig, wenn ich nur die Tage im Kalender abstreichen müsste… 

Egal, was passiert, es geht vorbei

Machen wir uns nichts vor, es gibt nun einmal in unserem Leben gute und schlechte Zeiten. Und damit sind die guten Zeiten ebenso zeitlich begrenzt. Beides gehört zu uns. Beides lässt uns innerlich wachsen, wenn wir genauer hinschauen. Ich unterteile nicht einmal mehr nach guten und schlechten Tagen, Momenten oder Situationen. Auch Gedanken gehen vorbei. Ebenso Gefühle. Sich dies bewusst zu machen und den Dingen ihre Zeit zu geben, ist zumindest für mich schon ein kleiner Schritt zu mehr Gelassenheit. Und eine gute Portion Vertrauen ins Leben. Alles wird gut. Noch so ein Satz… Und wie war das jetzt mit den Wunden? 

Die Zeit heilt nicht alle Wunden

Ich habe immer wieder Menschen getroffen, die mich berührt haben. Denen ich mich geöffnet habe. Mit diesen Menschen bin ich eine Beziehung eingegangen. Nicht zwingend in Form einer Partnerschaft. Für mich fangen Beziehungen schon sehr viel früher an, nämlich dann, wenn ich mit einem Menschen in einen verbalen oder nonverbalen Austausch gehe. Es gab Menschen in meinem Leben, die haben mein Herz sehr schnell und sehr tief berührt. Nur traf dies nicht immer auf Gegenseitigkeit, sodass ich mir die eine oder andere emotionale Verletzung zuzog. Je intensiver eine Beziehung war, umso tiefer waren die Verletzungen und hinterließen manchmal klaffenden Wunden. Hat hier die Zeit geholfen, diese Wunden zu heilen? Nein!

Mit jeder neuen Beziehung kamen alte Verletzungen wieder hoch. Ich habe dann verstanden, dass dahinter eine Einladung steht. Die Verletzungen luden mich ein, genauer hinzuschauen. Dankbar zu sein für die Erfahrung, den Menschen, die Situation; hierin also auch das Gute zu sehen. Natürlich gelang mir das nicht auf dem Höhepunkt meiner emotionalen Belastung. Hierfür musste mal mehr, mal weniger Zeit vergehen. Zeit, die ich für mich genutzt und auch mit mir zugewandten Menschen verbracht habe. Und ich mache dir nichts vor, ich habe auch Rotz und Wasser geheult und mich im emotionalen Dreck gesuhlt – um schließlich die Wunden zu betrachten und zu reflektieren. Und auch dies dauerte eine Zeit lang. Zeit, die sich jedoch gelohnt hat, denn jede dieser intensiveren Beziehungen hat mich etwas gelehrt und mich im Leben vorangebracht. Und darum geht es doch am Ende, oder? Ich übe mich also weiterhin im Annehmen, Akzeptieren, Verzeihen und Wunden versorgen, indem ich mir selbst etwas Gutes tue. So lässt es sich schließlich in vollem Bewusstsein leichter loslassen. Meine Entscheidung. Meine Haltung. 

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