(Selbst-) Führung, Kommunikation

So kommst du deinen Pseudo-Gefühlen auf die Schliche

Ich hatte ja keine Ahnung, und zugleich war ich so erleichtert. Es ist nun ein bisschen her, als ich gelernt habe, dass ich in meinen Gesprächen mit anderen manchmal gar nicht über meine Gefühle, sondern über sogenannte Pseudo-Gefühle sprach. Maximaler Lerneffekt, war ich doch bislang fest davon überzeugt, in meinem Leben und der Kommunikation mit anderen klar und deutlich über meine Gefühle reden zu können. Und gleichzeitig stellte ich immer wieder fest, dass meine Gespräche, vor allem wenn sie anderen vermeintlich ein Bild über mein Innenleben gaben, recht schnell in der Sackgasse landeten. Marshall B. Rosenberg, auf den die Methode der Gewaltfreien Kommunikation zurückgeht, und Erich Fromm prägten den Begriff der Pseudo-Gefühle. Sie gaukeln uns lediglich vor, Gefühle zu sein. Dabei sind Pseudo-Gefühle nichts anderes als Gedanken, in denen sich Beurteilungen, Interpretationen, Einschätzungen oder Analysen verstecken. 

Bewertende Gedanken getarnt im Pseudo-Gefühl

„Ich habe das Gefühl,…“ ist ein Satzbeginn, der vielleicht auch regelmäßig in deinem Sprachgebrauch auftritt. Was folgt bei dir danach? Hast du das Gefühl, nicht gehört, ignoriert, provoziert, oder nicht gesehen zu werden? Fühlst du dich ausgenutzt, enttäuscht, bevormundet oder belogen? Tja, so oder so handelt es sich dabei um Pseudo-Gefühle. So steckt hinter „Ich fühle mich nicht gesehen.“ tatsächlich ein „Ich denke, der andere sieht mich nicht.“ Damit verbirgt sich hinter dem Gefühl jemand anderes, dem wir das vermeintliche Gefühl, das dieser in uns auslöst, in die Schuhe schieben. Wir drücken statt eines Gefühls aus, wie wir denken oder beurteilen, wie sich eine andere Person uns gegenüber verhält. So kommt es dann dazu, dass wir zwar meinen, über unsere Gefühle zu sprechen, beim Gegenüber jedoch ein Vorwurf ankommt. Wenn du dir also künftig zuhörst und dabei Pseudo-Gefühle enttarnst, hinterfrage gerne das Gefühl dahinter: Wie fühlst du dich, wenn du nicht gesehen oder nicht gehört wirst? In deinen Beziehungen zu anderen Menschen klappt das Hinterfragen natürlich auch. Statt auf das Pseudo-Gefühl einzugehen, sei neugierig und frage nach: Wie fühlst du dich, wenn du nicht gesehen oder nicht gehört wirst?

Und was sind dann Gefühle?

Gefühle sind die bewusste Wahrnehmung von Emotionen, die in verschiedenen Ausprägungen
benannt werden können. Sie zeigen sich immer dann, wenn wir fragen, ob und wie eine Situation, eine Vorstellung oder eine Erinnerung eine Person berührt. Wir haben unsere Gefühle immer im Gepäck, wohin wir auch reisen. Sie begleiten uns in jedem Augenblick unseres Lebens. Sie entstehen dann, wenn wir das, was wir wahrnehmen, bewerten. Also dann, wenn wir unsere Wahrnehmung bewusst oder unbewusst mit Gedanken versehen. Sie können sich von jetzt auf gleich verändern: War ich soeben noch genervt, kann mich eine neue Situation schon wenige Minuten später zum Lachen bringen, sodass ich mich leicht und heiter fühle. All unsere Gefühle haben eine Berechtigung, denn sie weisen uns auf unsere Bedürfnisse hin. Wir teilen Gefühle deshalb in angenehme und unangenehme Gefühle, nicht in gute und schlechte Gefühle ein. Angenehme Gefühle weisen auf erfüllte Bedürfnisse und unangenehme Gefühle auf einen Mangel hin. 

Gefühle lassen sich in Emojis verpacken

Auch wenn du vielleicht wenig von Emojis hältst, so sind sie doch ein gutes Werkzeug, unseren Gefühlen auf die Schliche zu kommen. Denn solange du ein Emoji zur Beschreibung deines Gefühls einsetzen kannst, bist du auf der Gefühlsebene unterwegs. Klar, für Zurückweisung, Ignoranz oder Ablehnung gibt es kein Emoji. Hier mal ein kleiner Auszug: 

Du kennst sicher noch viel mehr Emojis. Ich lade dich zudem ein, deine Gefühle in Sätzen mit „Ich bin…“ beginnend zu benennen. Das lässt sich wunderbar üben, wenn du gefragt wirst, wie es dir geht. Oft geht uns auf diese Frage ein schnelles „Gut, danke.“ über die Lippen statt uns zu fragen, wie es uns wirklich geht oder besser noch: wie wir uns fühlen. Ein Grund mehr, uns und unsere Mitmenschen öfters die Frage zu stellen: „Wie fühlst du dich?“

Wenn du Unterstützung brauchst, Gedanken von Gefühlen (und umgekehrt) zu unterscheiden, um künftig gelassen, leicht und staunend durch die Welt zu gehen, melde dich gern bei mir. 

Photo by Count Chris on Unsplash