Vergangene Woche bin ich Achterbahn gefahren. Achterbahn der Gefühle. Dabei fing die Woche noch ganz gut an. Mittig wurde es dann rau. Und ich habe die Arme ausgebreitet und laut „Hallo!“ gerufen. Hallo Wut. Hallo Ohnmacht. Hallo Angst. Kopfschmerzen, Tränen. Alles da! Wo gestern noch erleuchtete Glückseligkeit herrschte, rauschte nun ein Tsunami an Gefühlen über mich hinweg. Und hinterließ ein Chaos, das auch heute noch nachwirkt. Wieder einmal stelle ich fest, dass es so leicht ist, vom guten ins weniger gute Gefühl zu kommen. Andersrum fällt es mir verdammt schwer. Trotz Werkzeugkasten, wie mein Notfall-Memo. Die frühesten Erfahrungen sitzen tief im Unterbewusstsein. Ich weiß, solche Phasen gehen vorbei, und es wird sie auch immer wieder geben. Und ich weiß auch, was hinter den Gefühlen der Woche steht; der Verstand ist so was von klar. Geist und Seele spielen noch verrückt. „Ich entscheide mich, glücklich zu sein.“, „Ich erlaube mir loszulassen.“, „Heute ist ein wunderbarer Tag.“; solche Affirmationen helfen mir in dieser Situation (noch?) recht wenig. Es will mir nicht gelingen, auch nur im Ansatz die Gefühlslage zu entschärfen. Irgendwann lasse ich es zu. Spreche darüber. Schreibe auf. Die Gefühle flachen ab, bäumen sich noch ein paar Mal auf und beim Schwimmen schließlich habe ich sie fast vollständig ans Wasser abgegeben. Drei Tage hat dieser Prozess gedauert. Ich überlege, ob Zustände im positiven Gefühl auch so lange anhalten. Ganz sicher eine Frage der Wahrnehmung. So lange ich mich im Gefühl aufhalte, darin bade, umso klarer ist es in diesem Moment auch da. Das gelingt mir im Gefühl von Freude und damit einhergehender Leichtigkeit sehr gut. Wenn ich jedoch tief ins Wasser der Ohnmacht eintauche, verliere ich mich. Ich fühle mich ausgeliefert. So erging es mir letzte Woche. Viele meiner Versuche, an die Oberfläche des Wassers zu gelangen, waren zunächst vergeblich. Ich habe ganz schön hohe Wellen geschlagen – innen und außen. Meine Tochter meinte abends zu mir, dass ich ausschaue wie immer, jedoch sähe mein Gesicht irgendwie anders aus. Sie konnte es kaum beschreiben. Ich schaute selbst in den Spiegel. Und nahm wahr: irgendwie verzerrt. Stirnfalte. Lächeln dahin. Stunden später, nachdem ich etwa 15 Minuten eine Situation erlebt habe, die mich hilflos machte. Und im Grunde waren es eher die Gedanken im Anschluss an die Situation, die mich der Hilflosigkeit in die Arme fallen ließen. Und es gelang mir nicht, mich wie eine Meeresschildkröte im Wasser treiben zu lassen – beobachtend, geduldig, leicht.
Ohnmacht und Angst sind eins
Ohnmacht kann Angst auslösen. Wenn ich Situationen erlebe, in denen ein Gefühl von Hilflosigkeit aufkommt, dann löst das Stress aus. Besonders im Job kann das heftige Folgen haben. Du kennst vielleicht das ungute Gefühl an Sonntagen, wenn du an die Arbeit ab Montag denkst. Wenn du dieses Gefühl im Dauerzustand verspürst, spült das ordentlich Stresshormone durch deinen Körper. Klar, dass dies nicht gesund ist und sogar Burnout auslösen kann. Gut also, wenn du deine Gefühle im Blick hast und die Situation reflektierst. Das Gefühl von Ohnmacht ist eine Reaktion auf eine Enttäuschung, Kränkung oder einen Verlust, was wir immer mal wieder in unserem Leben erleben. Normale Situation, normale Reaktion. Als negatives Gefühl gehört es in unseren Gefühlsrucksack ganz genau so wie Zufriedenheit und Freude. Und mir zumindest tut es immer wieder gut zu wissen, dass auf diese eher düsteren Gefühle auch wieder hellere Gefühle kommen. Ich empfehle jedoch, sich bei länger anhaltenden Phasen von Ohnmacht ärztliche bzw. therapeutische Hilfe zu suchen.
Ohnmacht mit Macht begegnen
Was können wir tun, wenn wir uns des Gefühls von Ohnmacht bewusst werden? Zuerst einmal ist es wichtig, das Gefühl zuzulassen und zu akzeptieren. Weine, schreie, stampfe mit den Füßen. Erlaube es dir und lasse dann los, zum Beispiel durch Atmen oder eine Entspannungstechnik wie Yoga. Auch aktive Bewegung hilft beim Loslassen: schnelles Spazierengehen, Schwimmen, Joggen, Radfahren. Bewegung hilft in Balance zu kommen und lässt dich auf andere Gedanken kommen. Hast du jemanden, mit dem zu reden kannst? Familie und Freunde haben sicher ein offenes Ohr für dich, auch wenn du gar keine Lust zum Reden hast. Greif‘ zum Telefon, wenn es dir nicht gut geht. Aus meiner Erfahrung ist dieses Loslassen die schwerste Übung. Du wirst dennoch sehen, vielleicht auch erst nach einigen Tagen wie bei mir, dass du ruhiger wirst und das Gefühl der Ohnmacht an Macht verliert.
Anschließend horch‘ mal in dich rein: Was ist passiert? Was hat das Gefühl ausgelöst? Hast du zu hohe Erwartungen? Zu hohe Ansprüche? Finde die Ursache und überlege deine nächsten Schritte. Bleibe handlungsfähig. Führe einen Realitätsscheck durch: Sprechen deine Gedanken und Gefühle die Wahrheit oder handelt es sich nur um eine Geschichte, die du dir selbst erzählst? Gibt es Beweise? Frag‘ dich nach den positiven Seiten der Situation. Vielleicht hast du bisher lediglich das Negative gesehen? Jedoch verharre nicht allzu lange in der Reflexion, vermeide stundenlanges Grübeln. Sag‘ deinem Gedankenkarussell bewusst Stopp, andernfalls verstärken sich die negativen Gefühle. Hab‘ Geduld, vor allem mit dir selbst und der Situation, und vertraue darauf, dass sich die Situation wieder zum Positiven ändern wird.
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